Engel über der Bühne
Von tobenden Kleinkindern umringt bin ich Robert Pflanz zum ersten Mal begegnet. Aber schon bei diesem sonntäglichen Adventskaffee in der coolen Berlin-Mitte-Wohnung von Nachbarn zeigte sich, kaum dass wir auf unsere Berufe zu sprechen kamen, der heilige Ernst, die absolute Konzentration Roberts auf seine Kunst. Zum Glück in Kombination mit einem tiefen, feinsinnigen Humor! Als Robert Pflanz mir kurz darauf Dokumente seiner Arbeiten präsentierte, war das der Beginn unserer Kooperation. Er kreiert Räume voller Spannung. Sie dienen nicht nur der auf dem Theater zu erzählende Geschichte, sie werden ein unabtrennbarer Teil dieses erzählerischen Ganzen. So finde ich es auch völlig in der Logik, dass der Bühnenbildner sein Ausdrucksspektrum als Videokünstler um die Dimension der nicht gebauten, gleichwohl physisch erfahrbaren Raumebenen erweitert hat – mit deren Wirkungen er mich immer wieder verblüfft. Er ist einfach ein Könner!
... gibt lebhaft der Regisseur Frank Alva Buecheler zu Protokoll, der seit einigen Jahren bei unterschiedlichsten Produktionen mit dem Bühnenbildner und Videokünstler Robert Pflanz zusammen arbeitet.
Robert Pflanz, lebt in Berlin und hat dort sein Atelier. Mit Kameras und Laptops ausgerüstet arbeitet er aber immer und überall, er ist ein Jäger des Visuellen und ob Theater, Performance oder Installation, wo das Bild in allen Facetten gefragt ist, geht er zu Werke: freundlich, bestimmt, immer flexibel und gänzlich unfähig zum Kompromiss, wenn es um sein Ziel geht – die Perfektion des Ausdrucks.
Robert, geboren und aufgewachsen im Rurhgebiet, fing dort sein Architekturstudium an, sammelte gleichzeitig erste Erfahrungen im Ausstattungsbereich von Theater und ging dann nach Berlin, um sein Hauptstudium zunächst an der Kunsthochschule Weissensee, dann an der Hochschule der Künste (heute UdK) zu absolvieren. Als Gasthörer der Freien Universität Berlin setzte er sich intensiv mit philosophischen Aspekten des Entwerfens und der Ästhetik auseinander, insbesondere aber auch mit metaphysischen Fragestellungen. Schließlich absolvierte er einen Masterstudiengang Bühnenbild an der TU-Berlin.
Als ein zentrales, höchst paradoxes Thema seines Bühnendesigns gibt Robert Pflanz denn auch stets an, die Welt und Welten neben oder hinter dem Physischen physisch erlebbar machen zu wollen. Die Kategorien von Heideggers Nichts faszinieren ihn ebenso wie die Existenz Schwarzer Löcher, eine Idee, die Robert schlichtweg als reizvoll bezeichnet: Das Verdikt meines Lehrers Peter Sykora, nach dem es genügt, starke, große Bilder zu finden und sie ohne Umschweife auszustellen, führt aus dieser philosophischen Reflexion in die Realität des Raumes, ergänzt Robert Pflanz.
In dieser Realität ist er gleichermaßen zuhause, als präziser Theaterpraktiker, den die Tektonik des Zusammenführens ebenso begeistert wie klares Strukturieren, das Fügen der Elemente. Wie es Künstler im 21. Jahrhundert wohl auszeichnen wird, ist für Robert Pflanz der Prozess essenzieller Bestandteil des künstlerischen Ergebnisses, bzw. haben Ergebnisse prozesshaften Charakter.
Dies wird auch immer wieder von den Kritikern attestiert, die Klarheit, Abstraktion und zugleich die Fülle der Fantasie und Imaginationskraft der Arbeiten von Robert Pflanz hervorheben. Dabei spielt es keine Rolle, ob er etwa große Oper macht, Videoinstallationen, experimentelle Rauminstallationen, Open Air Produktionen oder Komödien fürs kleine Haus.
Befragt, was die größte Anerkennung für seine Arbeit sein könnte, denkt Robert Pflanz einen Augenblick nach und erzählt dann von jenem Zuschauer, der, noch ganz ergriffen von der Aufführung, ihm danach berichtet, es habe ein Engel geschwebt über der Bühne... – Ein Bühnenbildner, ein Theaterkünstler, der die Räume schweben lässt, diese Vorstellung gefällt Robert Pflanz und – seinen faszinierten Zuschauern.
Philip Loewe, September 2008